Dominic Weibel
Head of Research, Bitcoin Suisse
The Weekly Wrap: EZB-Zinsentscheidung, Coinbase finanziert Klage, Bellatrix-Upgrade
09.09.2022
1. EZB-Zinsentscheidung und US-Arbeitsmarkt
Die Fakten:
- Am Donnerstag kündigte die EZB eine Rekordzinserhöhung um 75 Basispunkte an. Dadurch wurde der Einlagenzinssatz auf über 0 % angehoben, um den anhaltenden Inflationsdruck einzudämmen.
- Die EZB hob ausserdem ihre Inflationserwartungen auf durchschnittlich 8,1 % im Jahr 2022, 5,5 % im Jahr 2023 und 2,3 % im Jahr 2024 an, nachdem der Verbraucherpreisindex im August mit 9,1 % einen neuen Rekord erreicht hatte.
- Trotz der schwierigen makroökonomischen Bedingungen signalisiert der US-Arbeitsmarkt weiterhin Stärke. Die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung fielen auf ein Dreimonatstief von 222'000 (-6'000) und lagen damit deutlich unter den Prognosen von 240'000.
Warum das wichtig ist:
- Dieser Schritt der EZB kommt mit angemessener Verspätung. Seit 2014 hielt die Zentralbank die Zinsen im negativen Bereich gehalten, um die Wirtschaft anzukurbeln.
- Da die steigenden Energiepreise nach wie vor ein Haupttreiber der Inflation sind, erklärte EZB-Präsidentin Christine Lagarde in einer Rede, dass die Regierungen und nicht die Zentralbank den Energieunternehmen helfen sollten, die durch die Marktvolatilität unter Druck geraten sind. Lagarde sagte auch, dass die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Clearingstellen und Derivat-Gegenparteien nicht gelockert werden sollten.
- Nach den Erstanträgen auf Arbeitslosenunterstützung in den USA signalisierte der FED-Vorsitzende Jerome Powell, dass die Bank ihren kämpferischen Kurs und die hohen Zinssätze wahrscheinlich weiterhin beibehalten werde, um die Inflation wieder auf ein normales Niveau zu bringen.
- In diesem Zusammenhang erklärte Powell: "Je länger die Inflation deutlich über dem Zielwert bleibt, desto grösser ist das Risiko, dass die Öffentlichkeit eine höhere Inflation als Norm ansieht".
- Trotz der restriktiven Geldpolitik der FED und eines schrumpfenden BIP gibt es noch keine Anzeichen für einen weit verbreiteten Stellenabbau.
2. Coinbase unterstützt Klage gegen das US-Finanzministerium nach Tornado Cash-Sanktionen
Die Fakten:
- Coinbase hat am Donnerstag bekannt gegeben, dass sie eine Klage gegen das US-Finanzministerium unterstützen wird. Die Klage wurde von sechs Personen eingereicht, die von den Sanktionen gegen Tornado Cash betroffen sind.
- Das Office of Foreign Assets Control (OFAC) des US-Finanzministeriums hatte zuvor Tornado Cash, einen Krypto-Mixer zum Schutz der Privatsphäre, und 44 damit verbundene Smart-Contract-Adressen sanktioniert, weil sie Dieben bei der Geldwäsche gestohlenen Vermögens geholfen haben.
- Obwohl das OFAC eine gewisse Sanktionsbefugnis hat, wird in der Klage argumentiert, dass Smart Contracts und Softwarecode nicht in deren Zuständigkeitsbereich fallen und dass "Tornado Cash keine Person, Einrichtung oder Organisation ist. Es handelt sich um ein dezentralisiertes, Open-Source-Softwareprojekt, das für Ethereum-Nutzer etwas Privatsphäre wiederherstellt".
- In dieser Woche gab es weitere Entwicklungen, die sich wahrscheinlich auf das regulatorische Umfeld auswirken werden, da die Krypto-Befürworterin Lizz Truss die nächste britische Premierministerin wurde, die Bank von Russland ankündigte, Krypto für grenzüberschreitende Zahlungen zu legalisieren, und das Weisse Haus in einem Bericht erklärte, dass es eine Gesetzgebung zum Verbot von PoW-Mining in Betracht ziehen könnte.
- Darüber hinaus signalisierte Gary Gensler von der SEC in einer Rede am Donnerstag Unterstützung für eine stärkere Krypto-Aufsicht durch die CFTC.
Warum das wichtig ist:
- Krypto-Enthusiasten haben die Klage wahrscheinlich begrüsst, da viele Nutzer die Plattform aus legitimen Gründen wie anonyme Spenden genutzt haben und nun von den Sanktionen betroffen sind.
- Es geht nicht nur darum, dass eine Vielzahl von unschuldigen Nutzern nun Vermögen verloren haben, sondern auch darum, dass das Ökosystem ein wichtiges Instrument zum Schutz der Privatsphäre verloren hat, da die Sanktionen Tornado Cash unzugänglich gemacht haben.
- Der Leiter der Rechtsabteilung von Coinbase, Paul Grewal, drückte es so aus: "Es ist ein gefährlicher Präzedenzfall".
- Darüber hinaus haben die Sanktionen Diskussionen über den Widerstand gegen Zensur angeheizt, da mehrere Punkte der Zentralisierung im Ethereum-Tech-Stack in diesem Prozess offengelegt wurden.
3. Das letzte Upgrade «Bellatrix» vor dem Merge geht in Betrieb
Die Fakten:
- Am Dienstag wurde das Bellatrix-Upgrade auf der Beacon-Chain, der PoS-Konsensusebene von Ethereum, erfolgreich aktiviert.
- Das Bellatrix-Upgrade ist der letzte Checkpoint vor dem Merge, der für nächste Woche zwischen dem 14. September, 20:49 2022 UTC und dem 15. September, 02:59 2022 UTC geplant ist.
- Da der Merge in zwei Phasen aktiviert wird, bereitet Bellatrix die Beacon-Chain darauf vor, Nutzertransaktionen aus der Ausführungsebene aufzunehmen, sobald der TTD erreicht ist.
- Die letzte und abschliessende Phase wird mit dem Paris-Upgrade aktiviert, das dann die Zusammenführung der Konsensus- und Ausführungsebene auslöst.
- Laut ethernodes.org sind nun 84,5 % der Ausführungsclients bereit und synchronisiert für die bevorstehende Umstellung auf PoS.
Warum das wichtig ist:
- Mit der Live-Schaltung des Bellatrix-Upgrades hat der Countdown für den mit Spannung erwarteten Merge nun offiziell begonnen.
- Das Bellatrix-Upgrade wurde erfolgreich abgeschlossen , allerdings waren etwa 5 % der Validierer nicht entsprechend vorbereitet und verpassten die nachfolgenden Block-Rewards.
- Nach dem Merge sollten verpasste Blöcke entsperrt werden, da sie sich auf die Zeit bis zum Abschluss auswirken und durch eine Häufung ausstehender Transaktionen möglicherweise die Gebühren erhöhen können.
- Die Teilnahmeraten haben sich jedoch nach Bellatrix schnell wieder erholt, da die fehlenden Block-Rewards die Node-Betreiber dazu veranlassten, ihre Clients zu aktualisieren.
- Im Vorfeld des Merge kündigten mehrere CeFi-Plattformen wie Binance, FTX und Coinbase an, dass sie Abhebungen und Einzahlungen stoppen oder Transaktionen zu bestimmten Netzwerken aussetzen werden, was in erster Linie mit Vorsichtsmassnahmen und der möglichen PoW-Hard Fork zusammenhängt.
- Die DeFi-Plattform Aave hingegen hat beschlossen, ETH-Kredite vor dem Merge zu stoppen, um Liquiditätsprobleme zu vermeiden – diese entstehen dadurch, dasssich Nutzer beeilen, ETH zu leihen, um ihre Token-Zuteilungen für die PoW Hard Fork zu erhöhen.
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77.1 (China) vs. 76.1 (U.S.)
Eine andere Art von Flippening, da die Lebenserwartung in China mittlerweise höher ist als in den USA.
Meine persönliche Meinung ist, dass wir im Grunde gescheitert sind, wenn wir die Zensur von Nutzertransaktionen im Netzwerk zulassen, und das ist der Berg, auf dem ich bereit bin zu sterben. Wenn wir anfangen, die Zensur von Nutzern auf Ethereum zu erlauben, dann macht die ganze Sache keinen Sinn mehr. [...] Ich denke, dass der Widerstand gegen Zensur das höchste Ziel von Ethereum und des Blockchain-Bereichs im Allgemeinen ist, wenn wir also in diesem Punkt einen Kompromiss eingehen, gibt es meiner Meinung nach nicht mehr viel, was wir machen können.
Marius van der Wijden, Entwickler aus dem Geth-Client-Team, über Zensurresistenz auf Protokollebene (via Galaxy)
Um mehr über den bevorstehenden Merge zu erfahren, besuchen Sie unseren Ethereum Merge Hub. Wir werden Sie über alle relevanten Neuigkeiten auf dem Laufenden halten.