Schaltet die Gelddruckmaschinen an!

31.03.2020

Die Kryptowährungsmärkte haben sich seit dem Einbruch Mitte März, als Bitcoin auf ein Tief von ca. 3’6000’000 USD fiel, stark erholt. Bitcoin erreichte einen Kurs von fast 7’000 USD und hat sich nun um 6’000 USD konsolidiert. Allgemein entwickeln sich die grossen Blockchains jedoch kontinuierlich weiter. Die Ethereum-2-Spezifikationen haben das Audit des Sicherheitsunternehmens LeastAuthority bestanden, und es gab nur wenige Schwachstellen, bei denen nachgebessert werden muss. Zudem wurde das Baseline Protocol – ein gemeinsames Projekt von ConsenSys, Microsoft und EY zur Nutzung der öffentlichen Ethereum-Chain für die vertrauliche On-Chain-B2B-Kooperation – nun open source auf GitHub veröffentlicht. Bis zum Halving der Bitcoin-Blockprämien am 13. Mai 2020 sind es nun kaum mehr als eineinhalb Monate, und die Prämien-Halvings bei Bitcoin Cash (BCH) und Bitcoin Satoshi Vision (BSV) finden sogar noch früher, in ca. acht bzw. zehn Tagen, statt.
In einer Zeit wie dieser ist es jedoch auch wichtig, die globalen makroökonomischen Ereignisse im Auge zu behalten. Wie in der letzten Episode von Decrypt erwähnt, sollte Bitcoin nach der Vision von Satoshi Nakamoto eine Möglichkeit sein, um aus vertrauensbasierten Währungen auszusteigen. Das Vertrauen in konventionelle Fiatwährungen dürfte nun schon bald auf die Probe gestellt werden.
Die herkömmlichen Märkte sind durch die Pandemie und die globale Wirtschaftskrise weiter unter Druck geraten. So stieg die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA auf über 3 Millionen, was statistisch gesehen ein (äusserst seltenes) 30-Sigma-Ereignis ist. Weltweit setzen Regierungen und Zentralbanken ihre Fiskal- und Geldpolitik ein, um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie einzudämmen, die Liquidität im Finanzsystem zu erhalten und die Kreditvergabe zu stützen.

Massive Konjunkturprogramme Weltweit wurde eine Vielzahl von diesbezüglichen Maßnahmen aufgelegt. Die Federal Reserve hat die Zinsen auf fast 0% gesenkt und ein erstes Soforthilfepaket in Höhe von 700 Mrd. USD angekündigt, in dessen Rahmen sie Staatsanleihen im Wert von 500 Mrd. USD sowie hypothekenbesicherte Anleihen im Wert von 200 Mrd. USD kauft. Die Reserveanforderungen für Banken und andere Einlageninstitute wurden auf null Prozent gesenkt, sodass diese das Kreditwachstum beschleunigen können. In einer späteren Mitteilung kündigte die Fed zum ersten Mal an, diese Anleihen “in der erforderlichen Höhe” zu kaufen – was der Ankündigung einer unbegrenzten quantitativen Lockerung (QE) gleichkommt. Ihre Bilanz wuchs seitdem innerhalb eines Monats von 4,2 Billionen USD auf 5,2 Billionen USD (oder: um ca. 400’000 USD pro Sekunde).

Abbildung 1: Die Bilanz der Federal Reserve ist seit 2008 kontinuierlich gewachsen und im vergangenen Monat von 4,2 Billionen USD auf 5,2 Billionen USD hochgeschnellt.
Quellen: federalreserve.gov, Bitcoin Suisse Research.

Darüber hinaus hat der US-Kongress ein Konjunkturpaket in Höhe von 2 Billionen US-Dollar verabschiedet, das eine Direktzahlung in Höhe von 1’200 US-Dollar an jeden Amerikaner und eine direkte Unterstützung für alle Teile der Wirtschaft beinhaltet. Anfänglich war beim Paket auch die Rede von einem digitalen Dollar, der jedoch in der endgültigen Fassung gestrichen wurde. Nichtsdestotrotz wurde die Debatte über digitale Währungen der Zentralbank dadurch wieder neu angestossen.
Andere Zentralbanken haben Massnahmen in ähnlichem relativem Umfang ergriffen. Die Bank of England lancierte eine Initiative zum Kauf unbegrenzter Mengen an Commercial Papers. Die Europäische Zentralbank hat wegen der Pandemie ein “Notkaufprogramm” in Höhe von 750 Mrd. EUR aufgelegt und ihre Obergrenze aufgehoben, wonach sie nicht mehr als ein Drittel der Staatsanleihen eines Landes kaufen durfte. Zum Teil soll damit Ländern reichlich Liquidität zur Verfügung gestellt werden, die ihre Ausgaben nun wieder hochfahren wollen, was wiederum mit steigenden Schuldenständen einhergehen wird. Die steigenden Schuldenstände bringen die Zentralbanken und Regierungen in eine schwierige Lage: Sie werden weiterhin den Schuldnern und nicht etwa den Gläubigern helfen müssen, das Kartenhaus der Schuldenexzesse so stabil wie möglich zu halten. Somit ist davon auszugehen, dass die Zinsen niedrig bleiben werden oder die Schulden von den Zentralbanken monetarisiert werden müssen – was wiederum das Vertrauen in die Ausgabewährung untergraben könnte.

"Die Federal Reserve verfügt über eine unbegrenzte Bargeldmenge. Wir werden alles tun, was wir tun müssen, um sicherzustellen, dass genügend Geld im Bankensystem vorhanden ist."

– Neel Kashkari, Federal Reserve Bank of Minneapolis

Wie hängt all das mit Kryptowährungen zusammen? Kryptowährungen wurden als Geldform erfunden, die nicht vom Vertrauen in eine zentrale Behörde wie eine Regierung abhängig ist, damit die Währung nicht abgewertet wird. Die Emission neuer Kryptowährungen wird programmatisch festgelegt – der Emissionszeitplan von Bitcoin sieht eine unverrückbare Maximalzahl von 21 Mio. vor, und die meisten (87%) davon wurden bereits geschürft. Der Grund für die Ausgabe neuer Coins besteht allein darin, die Sicherheit des Netzwerks zu gewährleisten und Anreize für die Miner zu setzen.
Kryptowährungen werden daher oft als Inflationsabsicherung betrachtet – kein kurzfristiger, sondern ein langfristiger sicherer Hafen zum Schutz vor Währungsabwertungen. Gold als klassische Inflationsabsicherung und sicherer Hafen hat sich seit dem Einbruch vor zwei Wochen wieder erholt. Die Goldmärkte standen jedoch weiter unter Druck, da es aufgrund von Lieferengpässen zu einer Entkopplung der Gold-Futures von den Spotpreisen kam (was dazu führte, dass die CME neue Terminkontrakte mit flexibleren physischen Lieferoptionen lancierte).

Inflation vs. Deflation
Es ist nun von entscheidender Bedeutung, sowohl den Inflations- als auch den Deflationsdruck an den Märkten im Auge zu behalten, da die früheren quantitativen Lockerungsprogramme der Zentralbanken keinen Inflationsanstieg bewirkten. Der Verbraucherpreisindex (VPI), der (neben dem Erzeugerpreisindex, PPI) als einer der am häufigsten verwendeten Werte zur Messung der Inflation gilt, ist seit Beginn der ersten quantitativen Lockerung in der Finanzkrise nach 2008 stetig um rund 2% gestiegen. Frühere QE-Programme verhalfen den Aktienmärkten jedoch zu einer nahezu nie dagewesenen Hausse, was darauf hindeutet, dass ein Grossteil der Gelder in finanziellen Vermögenswerten gelandet sein könnte. Aktuell wurde nun ein Löwenanteil des auf Papier generierten Vermögens vernichtet, und der grosse negative Nachfrageschock durch die Pandemie verstärkt die deflationären Kräfte, die den von den Zentralbanken in Gang gesetzten Druckpressen entgegenwirken. Zur Deflation trägt auch der starke Rückgang der Ölpreise bei, denn Öl ist ein wichtiger Kostenfaktor für die Wirtschaft, und diese Kosten fielen im März um mehr als 50%.
Insgesamt werden der Verlauf der Pandemie und derjenige der globalen Wirtschaftskrise zeigen, wie Inflations- und Deflationsdruck miteinander konkurrieren. Nimmt die Inflation zu oder geht sie sogar in einen hyperinflationären Overdrive über, dann bieten Kryptowährungen einen der wenigen Auswege aus traditionellen Fiatwährungen in ein leicht übertragbares, hartes Geld, das gegen Abwertungen resistent ist.

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