Was ist das Risiko beim Staking?

18.01.2022

Einleitung

Während Bitcoin bekanntlich Proof-of-Work (PoW) verwendet, bei dem die Miner einen Konsens über den nächsten Block erzielen, verwenden viele Blockchains Proof-of-Stake (PoS). Anstatt dass die Miner Energie in eine Rechenaufgabe investieren, hinterlegen die Netzwerk Validatoren einen Teil ihres Token-Kapitals als Einsatz (Stake), mit dem sie an der Blockproduktion teilnehmen dürfen. Falls es ihnen nicht gelingt, den ihnen zugewiesenen nächsten Block zu produzieren – weil sie ein Regelverstoss begehen, einen Fehler machen oder einfach offline sind – verlieren sie einen Teil oder ihren gesamten Einsatz (in einem Prozess, der “Slashing” genannt wird). Mit diesem wirtschaftlichen Anreiz soll sichergestellt werden, dass sich die Validatoren ehrlich verhalten. Schließlich wird derjenige Validator, dessen nächster Block von den anderen Validatoren akzeptiert wird, mit neuen Token belohnt. Um zu entscheiden wer der nächste Block-Validator sein wird, werden je nach Blockchain unterschiedliche Kombinationen von Abstimmungen und Zufallsverfahren angewandt. Somit wird ein fairer Verlauf gewährleistet.

Während aus der Netzwerkperspektive die Validatoren die Integrität des Netzwerks und der Transaktionen sicherstellen, kann man das Staking auch aus einer Investitionsperspektive betrachten. Neben dem Handel und der Kreditvergabe stellt das Staking eine alternative Anlageform für Kryptowährungen dar.

Basierend dieser Grundlage wollen wir das Staking als Anlagemöglichkeit untersuchen.

Staking als Investment

Um einen Eindruck davon zu bekommen, wie sich Staking als Anlagestrategie in der Vergangenheit bewährt hat, haben wir einige beliebte Staking-Coins von bekannten Smart-Contract-Plattformen ausgewählt: ADA (Cardano), ATOM (Cosmos), ETH (Ethereum), SOL (Solana), KSM (Kusama), DOT (Polkadot), and XTZ (Tezos).

Während sie alle im Jahr 2021 eine starke Kursentwicklung aufwiesen, die zwischen +98% für XTZ und +760% für ADA lag, sticht die Kursentwicklung von SOL, der native Coin der Solana Smart Contract Plattform, massiv hervor (Abbildung 1). Es ist wichtig zu verstehen, dass viele verschiedene Faktoren den Preis von Coins beeinflussen. Im Falle von Smart-Contract-Plattformen sind die Mechanismen und die Preisdynamik der Gebühren für Nutzer und Entwickler sehr relevant.

Abbildung 1: Kursentwicklung der beliebten staking coins (1.1.21-18.1.22)
Quelle: TRADINGVIEW, BITCOIN SUISSE RESEARCH

Während eine gute Kursentwicklung für alle Anleger positiv ist, sind Staker darüber hinaus auch an der Staking-Rendite interessiert, welche sie für das Sperren ihrer Coins erhalten. Das Staking ist also vergleichbar mit einer festverzinslichen Anlage, allerdings mit einem anderen Risikoprofil.

Was sind die Vor- und Nachteile des Staking? Staking ist positiv für das Netzwerk, da es dazu beiträgt, dass es dezentralisiert bleibt: Je mehr Validatoren und je unterschiedlicher sie sind, desto besser. Staking ist auch positiv für die Staker, da sie ein passives Einkommen generiert, ohne dass sie regelmäßig Trade-Entscheidungen treffen müssen. Auf der anderen Seite ist das zum Staking zur Verfügung gestelle Kapital für die Dauer der Staking-Periode gesperrt. Außerdem können die eingesetzten Gelder ganz oder teilweise verloren gehen, wenn der genutzte Validator keine Blöcke produzieren kann, weil er offline ist oder weil die Blöcke von den anderen Netzwerkteilnehmern nicht akzeptiert werden.

Betrachtet man spezifischere Kennzahlen, so bilden die oben aufgeführten beliebten Staking-Coins eine interessante Landschaft für interessierte Anleger (Abbildung 2). Hier vergleichen wir die Marktkapitalisierung (x-Achse, Milliarden USD), das Wachstum (y-Achse, Kursveränderung der letzten 365 Tage in Prozent) und die Staking-Rendite (Blasengröße, annualisierte Staking-Rendite in Prozent).

Abbildung 2: Landschaft der beliebten Staking-Coins im Jahr 2021, Vergleich von Marktkapitalisierung, Preiswachstum und aktueller Staking-Rendite
Quelle: MESSARI, BITCOIN SUISSE RESEARCH

Es können mehrere Beobachtungen gemacht werden. Erstens: Ethereum ist ein klarer Ausreißer (unten rechts). Als älteste Plattform mit dem größten Entwickler-, Nutzer- und Investoreninteresse ist sie nach wie vor die relevanteste Smart-Contract-Plattform, die mehr als zehnmal so groß ist wie ihr nächster Konkurrent. Ethereum ist ein wichtiger Akteur im Staking-Bereich, da der Prozess der Umstellung von PoW auf PoS in vollem Gange ist und ein wichtiger Schritt voraussichtlich im Jahr 2022 erfolgen wird («The Merger»). Wachstum und Ertrag gehören jedoch zu den niedrigsten in der Stichprobe.

Zweitens hat Solana (oben links) im letzten Jahr ein phänomenales Wachstum im Vergleich zu allen anderen Staking-Coins gezeigt. Es bietet zwar nicht die höchsten Staking-Renditen, aber die Anleger setzen große Hoffnungen auf einige seiner Kernfunktionen als Smart-Contract-Plattform, die sich deutlich von Ethereum abheben (z. B. Optimistic Concurrency Control).

Drittens scheinen sich die Staking-Schwergewichte, die zweistellige annualisierte Renditen für Staking bieten, vorerst in die unteren linken Ecken zu drängen. In Bezug auf die Staking-Rendite wird die Spitze von einer kuriosen Ansammlung von Interoperabilitäts-Blockchains gebildet: Kusama, Cosmos und Polkadot. Für Kusama und Polkadot begannen die ersten Parachain-Auktionen erst im November 2021. Da die achte Auktion (Centrifuge) bereits läuft, ist für 2022 mit deutlich mehr Aktivität in diesem Ökosystem zu rechnen.

Die recht hohen Staking-Renditen müssen im Zusammenhang mit der inflationären Geldpolitik dieser Blockchains gesehen werden, ein verworrenes Thema, das wir in einer zukünftigen Decrypt-Folge untersuchen werden. Kurz gesagt, mit der Zahlung von Staking-Renditen aus neu geschaffene Coins wird Inflation erzeugt. Wie dies im Einzelnen geschieht und welche Beschränkungen dabei gelten, ist von Blockchain zu Blockchain unterschiedlich.

Wie kann man staken?

Interessierte Investoren haben grundsätzlich zwei Möglichkeiten, um in den Staking-Bereich einzusteigen. Die erste ist “on-chain”, indem sie einen eigenen Validator-Node betreiben. Diese Option bietet zwar alle Vorteile und die Kontrolle über den Staking-Prozess, hat aber auch die höchsten Anforderungen in Bezug auf Geldmittel, Hardware, Software und Fähigkeiten. Die Mindesteinlage, um ein Eth2 Validator Node zu werden, beträgt zum Beispiel 32 ETH (ca. 100’000 CHF).

Die andere Option besteht darin, die Coins über einen Krypto-Dienstleister zu staken. Das funktioniert genauso wie beim Handel: Die Kunden senden Fiat, wandeln sie in Kryptowährungen um und verwenden die Coins um zu handeln oder zu staken.

Conclusion

Mit dem Aufkommen einer neuen Generation von PoS-Blockchains etabliert sich das Staking als weitere Anlagemöglichkeit in Kryptowährungen. Auch wenn es ähnlich aussieht und sich anfühlt wie festverzinsliche Anlageinstrumente von TradFi, ist das Risiko-Ertrags-Profil anders und muss verstanden werden, bevor man sich auf Staking einlässt. Mehrere Staking-Coins haben im Jahr 2021 sehr gut abgeschnitten und neue Entwicklungen (Ethereum Merger, Parachain-Auktionen usw.) werden es lohnenswert machen, diesen Bereich auch in Zukunft zu verfolgen.

Marcus Dapp

Head of Research