Transaktionsgebühren – Märkte für Blockspace
30.10.2019
Derzeit ist bei Transaktionen auf den meisten öffentlichen Blockchains eine Gebühr für die Aufnahme in einen Blocks fällig. Bei der Gebühr handelt es sich um ein Gebot, das die Netzwerknutzer auf Speicherplatz in einem Block (blockspace) abgegeben haben und das in der Mutterwährung des Netzwerks bezahlt wird – je höher das Gebot, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Miner die Transaktion schnell in einen Block aufnehmen, um die Gebühr zu kassieren. Dies war allerdings nicht immer der Fall: In den ersten Tagen von Bitcoin konnten Nullgebührentransaktionen verkündet werden, die dennoch in Blocks aufgenommen wurden. Bei Bitcoin werden die Gebühren oft in Satoshis (ein Hundertmillionstel Bitcoin) pro Byte angegeben. Grössere Byte-Transaktionen, beispielsweise eine Transaktion, die Bitcoin an viele Adressen gleichzeitig sendet, benötigen mehr Blockspace und sind somit teurer. Der Wettbewerb unter den Nutzern, ihre Transaktionen in die nächsten Blocks hineinzupacken, kann sich verschärfen: Ende 2017 wurden die Transaktionsgebühren auf 50 USD oder fast 1’000 Satoshi/Byte erhöht.
Da es sich bei Ethereum um einen Smart Contract handelt, musste ein neues Konzept eingeführt werden: Gas. Gas (engl. für Treibstoff) ist ein internes Mass für die Rechenressourcen, die für die Ausführung einer Transaktion aufgewendet werden müssen. Eine Transaktion, die mit einem komplizierten Smart Contract interagiert, verbraucht beispielsweise mehr Gas als eine einfache ETH-Überweisung von einem normalen Konto auf ein anderes. Daher werden bei der Übertragung einer Transaktion in das Netzwerk zwei Variablen weitergegeben: der Gas-Preis und das Gas Limit.
Der Gas-Preis gibt an, wie viel der Absender pro Gas-Einheit zu zahlen bereit ist. Er wird typischerweise in GWei (ein Milliardstel Ether) angegeben. Je nach Netzauslastung bestehen erhebliche Differenzen zwischen den Gas-Preisen, die Nutzer zahlen müssen, um sicherzustellen, dass eine Transaktion innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens berücksichtigt wird. Das Gas Limit legt fest, für wie viel Rechenaufwand der Nutzer zahlen möchte. Es gibt einen wesentlichen Grund, warum ein Gas Limit erforderlich ist: Ohne ein Gas Limit könnte ein intelligenter Vertrag so programmiert werden, dass er für immer läuft (z. B. durch eine Endlosschleife). Dadurch würden nicht nur die Knoten abstürzen, die die Transaktion des Smart Contracts ausführen, sondern es könnte auch kein Konsens über den Zustand der Blockchain mehr gefunden werden. Dank dem Gas Limit wird die Transaktion dann einfach nicht mehr mit Gas versorgt, und die Berechnung wird ausgesetzt.
Derzeit erfolgt die Gebotsabgabe auf Blockspace durch Transaktionsgebühren nach dem Modell der Erstpreisauktion. Dies bedeutet, dass die Nutzer einfach ihre Gebote einreichen, ohne zu wissen, was andere zu zahlen beabsichtigen. Dies führt in der Regel dazu, dass Nutzer zu viel zahlen (was den Minern zugute kommt). Obwohl die meisten modernen Krypto-Wallets Algorithmen zur Schätzung der Transaktionsgebühren enthalten, ist dies aus Benutzersicht noch lange nicht optimal. Bei Ethereum wurde für EIP-1559 ein komplexeres Transaktionsgebührenmodell vorgeschlagen. Eine Protokolländerung würde eine Standardgebühr fällig machen, die dann je nach Netzauslastung um einen bekannten Betrag nach oben oder unten korrigiert würde. Diese Standardgebühr würde verbraucht, anstatt dass sie an die Miner ginge – was je nach Transaktionsvolumen zu einer Reduzierung des ETH-Angebots führen würde. Statt der gesamten Transaktionsgebühr würden die Miner vom Absender nur ein kleines “Trinkgeld” erhalten. Da die Gebührenanpassungen im neuen Modell vorhersehbar sind, könnte die Wallet-Software dadurch die Gebühren zuverlässiger festlegen. Die Einzelheiten des Vorschlags werden derzeit noch diskutiert.
Zukünftig könnte die Diskussion über Gebühren bei Ethereum an Relevanz verlieren. Da es sich bei allen Gebührenmärkten lediglich um Näherungswerte für den Wert von Blockspace handelt, ist zu erwarten, dass in wachsenden Netzen Skalierbarkeitslösungen, die den verfügbaren Durchsatz erhöhen, den Aufwärtsdruck auf die Gebühren reduzieren.
Die langfristige Rolle der Transaktionsgebühren bei Bitcoin
Zur Bezahlung der Netzwerksicherheit verteilt Bitcoin den Minern derzeit Blockprämien in Höhe von durchschnittlich 1’800 BTC pro Tag. Bei einem Preis von 8’200 USD entspricht dies einem Jahresbudget für Sicherheit von rund 5,4 Mrd. USD. Derzeit machen die Transaktionsgebühren nur einen geringen Prozentsatz der Miner-Einnahmen aus – aktuell rund 2%. Das Wirtschaftsmodell von Bitcoin wurde von Anfang an so konzipiert, dass die Blockprämien alle 210’000 Blöcke (etwa alle vier Jahre) halbiert werden. Mit jedem “Halvening” sinken die Sicherheitskosten durch Blockprämien um 50%. Durch Blockprämien-Halvenings wird aber auch die Angebotsseite des Angebot-Nachfrage-Gleichgewichts von Bitcoin stark reduziert. Dies hat in der Vergangenheit zu erheblichen Preisrallyes geführt – was bedeutet, dass die Minereinnahmen in USD nicht gesunken, sondern sogar gestiegen sind. Belegt wird dies durch die Hashrate, die ein Allzeithoch nach dem andern jagt.
“In ein paar Jahrzehnten, wenn die Prämie zu gering geworden ist, wird die Transaktionsgebühr für [Mining-]Knoten zur wichtigsten Einnahmequelle werden.” – Satoshi Nakamoto
Die Emission von Bitcoin durch Blockprämien stellt eine implizite Möglichkeit dar, Bitcoininhaber für die Betriebskosten des Netzwerks zahlen zu lassen. Wenn die Blockprämien jedoch in Zukunft gegen Null gehen, müssen die Kosten für die Wartung des Netzwerks vollständig durch die Transaktionsgebühren der Netzwerknutzer beglichen werden. Diese Transaktionsgebühren entsprechen dann den Kosten von Bitcoin, die zur Gewährleistung der Sicherheit aufzubringen sind. Eine Gebührenabsenkung würde zu einer geringeren Netzwerksicherheit führen, da unrentable Miner ihre Geräte abschalten würden und die Hashrate einbräche. Unter der Annahme, dass die Sicherheit mindestens auf dem aktuellen Stand bleibt, gibt es zwei mögliche Szenarien: Entweder gibt es auf Bitcoin ein grosses Transaktionsvolumen mit vergleichsweise niedrigen Gebühren. Oder aber es gibt ein geringes Transaktionsvolumen bei hohen Transaktionsgebühren. Welcher Ansatz ist langfristig tragfähig? Wie wirken sich Skalierungslösungen darauf aus?
Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der Debatte von Bitcoin-, Bitcoin-Cash- und Bitcoin-SV-Fürsprechern. Bitcoin-Entwickler setzen für die Bereitstellung eines ausreichend skalierbaren Systems auf das Lightning Network, eine Second-Layer-Skalierungslösung. Ein weiterer Off-Chain-Skalierungsansatz wären Banken mit Bitcoin-Deckung, wie sie ursprünglich Hal Finney vorgeschlagen hat. Blockspace auf dem Hauptzweig wäre mit hohen Gebühren verbunden und somit nur für wenige hochwertige Transaktionen reserviert. Die Verfechter von Bitcoin Cash und Bitcoin SV streben eine vollständige Skalierbarkeit in der Chain an, indem sie die Blockgrösse vom aktuellen 1-MB-Limit von Bitcoin erhöhen. Dies würde letztendlich zum zweiten Szenario mit einem hohen On-Chain-Transaktionsvolumen und niedrigen Gebühren führen.
Die Zeit wird zeigen, welches Transaktionsmodell für Bitcoin letztlich stabil ist. Der Übergang vom aktuellen Blockprämien-Sicherheitsmodell zu einem Modell, das weitgehend auf Transaktionsgebühren basiert, wird schrittweise erfolgen und erstreckt sich zumindest auch auf die kommenden Halvings von 2020 und 2024. Wie die Märkte auf diesen Übergang reagieren, wird ein wichtiger Indikator sein, den Investoren nachverfolgen sollten.