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Luca Gnos

Das grösste Liquidationsereignis in der Geschichte des Kryptomarktes und extreme Angst unter Anlegern

17.10.2025 - 7 Minuten Lesedauer

Den Weekly Wrap gibt es auch auf Spotify und Apple Podcasts. Es ist eine Zusammenfassung mit Hilfe von KI-Stimmen (auf Englisch verfügbar). 

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Die Top-Schlagzeilen dieser Woche

«Morgan Stanley öffnet Krypto-Investitionen für alle Kundensegmente» – Freitag, 10. Oktober 2025 

  • Morgan Stanley informierte seine Finanzberater am vergangenen Freitag, dass das Unternehmen den Zugang zu Krypto-Investitionen für alle Kundengruppen öffnet und solche Anlagen künftig in jedem Kontotyp, einschliesslich Vorsorgekonten, zulässt.
  • Ab dem 15. Oktober können Berater ihren Kunden Krypto-Fonds anbieten. Das Unternehmen betonte, dass Kryptowährungen zu einer zunehmend gefragten Anlageklasse geworden sind, die viele Investoren erkunden möchten.
  • Darüber hinaus kündigte Citibank Pläne an, im kommenden Jahr Krypto-Verwahrlösungen anzubieten, sowie mögliche Initiativen zur Emission eines eigenen Stablecoins in den nächsten Jahren. Das zunehmend positive regulatorische Umfeld in den USA hat seit Jahresbeginn zu einer deutlichen Ausweitung der Krypto-Dienstleistungen durch amerikanische Banken geführt.

«Trump droht China mit zusätzlichen Zöllen von 100 Prozent nach dessen Brief an die internationale Gemeinschaft» – Freitag, 10. Oktober 2025 

  • US-Präsident Trump kündigte letzten Freitag in einem Post auf X an, ab dem kommenden Monat zusätzliche Zölle von 100 Prozent auf chinesische Importe zu erheben, nachdem China seine Exportregeln für seltene Erden verschärft hatte. Trump drohte zudem, ein Treffen mit Präsident Xi Jinping abzusagen, ruderte jedoch wenige Stunden später wieder zurück.
  • Die Aktienmärkte reagierten prompt, der S&P 500 schloss 2,7 Prozent tiefer, der stärkste Tagesrückgang seit April dieses Jahres.
  • Seither haben Schlagzeilen über eine mögliche Neuauflage des US–China-Handelskonflikts wieder an Fahrt aufgenommen, ähnlich wie bereits im April. Der US-Aktienmarkt konnte jedoch den Grossteil seiner Verluste wieder aufholen und nähert sich wieder neuen Allzeithochs.

«20 Milliarden US-Dollar an Krypto-Liquidationen beim Crash am Freitag – grösster Abverkauf in der Krypto-Geschichte» – Freitag, 10. Oktober 2025 

  • Die erneute Eskalation zwischen den USA und China löste das grösste Liquidationsereignis in der Geschichte des Kryptomarktes aus. Das offene Interesse auf den On-Chain-Perpetual-Börsen Hyperliquid und Lighter halbierte sich. Innerhalb weniger Stunden wurden über 20 Milliarden US-Dollar an Kryptopositionen liquidiert.
  • Der Crash legte nicht nur das Ausmass an Leverage im Markt offen, sondern zeigte auch, dass viele Altcoins über keine tiefen Orderbücher verfügen und ihre Liquidität zu grossen Teilen von Market Makern gestützt wird. Marktteilnehmer dürften zudem erkannt haben, dass weit weniger frisches Kapital im Kryptomarkt vorhanden ist, als die jüngste Kursentwicklung vermuten liess.
Ein kurzer Krypto-Überblick: 20 Milliarden US-Dollar an Liquidationen am Freitag – Kryptomarkt setzt Abwärtstrend fort

Nach dem historischen Liquidationsereignis vom vergangenen Freitag setzte der Kryptomarkt seine Talfahrt auch in dieser Woche fort, nachdem eine kurze Erholungsphase über das Wochenende bis Montag anhielt. Während Bitcoin, Ethereum und Solana am Freitag zwischen 15 und 25 Prozent korrigierten, verzeichneten zahlreiche Altcoins deutlich stärkere Verluste, einige verloren innerhalb weniger Stunden mehr als 70 Prozent ihres Werts. 

Unter den 100 grössten Kryptoanlagen liegen die meisten im Wochenvergleich derzeit zwischen 20 und 50 Prozent im Minus. Solana (SOL) fiel um 18 Prozent, Polkadot (DOT) um 30 Prozent, Cardano (ADA) um 25 Prozent und Dogecoin (DOGE) um 27 Prozent. 

Das jüngste Liquidationsereignis übertraf die bisherigen Rekordwerte aus dem Bullenmarkt 2021 um ein Vielfaches, wodurch ein erheblicher Teil des Leverage im Markt bereinigt wurde. Angesichts der tief im Bereich «extreme Angst» liegenden Marktstimmung stellt sich die Frage, ob dieses Ereignis und die damit verbundene extreme Pessimismusphase eine mögliche Bodenbildung auf dem aktuellen Niveau signalisieren könnten. Der Markt wird in jedem Fall positive Nachrichten benötigen, um die Kaufaktivität wieder anzukurbeln und das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen. 

Die nachfolgende Grafik veranschaulicht das Ausmass des Liquidationsereignisses vom Freitag im Vergleich zu den letzten sechs Monaten.

Quelle: Coinglass
Chart der Woche: Krypto macht lediglich 1 Prozent des Weltportfolios aus 

Auch wenn die aktuelle Stimmung ausgesprochen negativ ist und viele Marktteilnehmer ihre Positionen im Kryptomarkt infrage stellen, lohnt sich ein Blick auf das grössere Ganze. Der Kryptomarkt macht derzeit nur rund 1 Prozent des weltweiten Anlageportfolios aus. Da immer mehr grosse Banken und Finanzinstitute beginnen, ihren Kunden den Zugang zu digitalen Vermögenswerten zu öffnen, dürfte dieser Anteil in den kommenden Jahren deutlich steigen. Es handelt sich dabei um einen schrittweisen Prozess, der Zeit benötigt, jedoch ein insgesamt positives Bild für die langfristige Entwicklung zeichnet.

Quelle: Bloomberg

Darüber hinaus ist bemerkenswert, dass aktuell rund 94 Prozent aller Kryptokäufer zwischen 18 und 40 Jahre alt sind. Vor diesem Hintergrund besteht das Potenzial, dass in den kommenden zwei Jahrzehnten Billionen von US-Dollar im Rahmen des grossen Vermögenstransfers durch Erbschaften in den Kryptomarkt fliessen könnten. Wie die nachfolgende Grafik zeigt, werden in den nächsten zwanzig Jahren nahezu 70 Billionen US-Dollar an Vermögen an die Generation X, die Millennials und die Generation Z vererbt.

Quelle: Bloomberg 
Was passiert On-Chain? Kalshi vs. Polymarket, Hyperliquid

Nach der Ankündigung von Polymarket in der vergangenen Woche meldete nun auch der TradFi-Konkurrent Kalshi eine neue Finanzierungsrunde in Höhe von über 300 Millionen US-Dollar, wodurch das Unternehmen mit 5 Milliarden US-Dollar bewertet wird. Zudem gab Kalshi bekannt, seine Dienstleistungen künftig in über 140 Ländern anzubieten. Das Handelsvolumen soll dabei auf rund 50 Milliarden US-Dollar steigen, nach lediglich 300 Millionen im Vorjahr. 

Der Krypto-Crash am Freitag sorgte auch bei den On-Chain-Perpetual-Börsen Hyperliquid und Lighter für Schlagzeilen. Während zentrale Börsen wie Binance Ausfälle verzeichneten und Nutzer entschädigen mussten, blieb Hyperliquid während der extremen Volatilität online und bewies damit seine technische Widerstandsfähigkeit. Laut Daten verschiedener Quellen wickelte Hyperliquid über 10 Milliarden US-Dollar der insgesamt 19 Milliarden an Liquidationen ab – ein Hinweis auf die zentrale Rolle der Plattform im Markt, aber auch ein Anlass, die Glaubwürdigkeit und Transparenz der gemeldeten Liquidationszahlen zentralisierter Börsen zu hinterfragen. 

Ausserdem gab die Ethereum Foundation bekannt, 2’400 ETH sowie rund 6 Millionen US-Dollar in Stablecoins in die ertragsgenerierenden Vaults von Morpho eingezahlt zu haben, um sich stärker im DeFi-Ökosystem zu engagieren und On-Chain-Projekte zu unterstützen. 

Zum Schluss noch eine leichtere Meldung: Paxos sorgte am Mittwoch für Aufsehen, als bei einer internen Transaktion versehentlich 300 Billionen PYUSD geminted wurden. Der Vorfall machte rasch Schlagzeilen, viele Marktteilnehmer rätselten über die Ursache. Paxos stellte kurz darauf klar, dass es sich um einen Fehler handelte und die überschüssigen Token rund 20 Minuten später vollständig verbrannt wurden. Das Unternehmen bestätigte, dass weder Systeme kompromittiert wurden noch Kundengelder in Gefahr waren. 

Kapitalflüsse bei digitalen Anlageprodukten: Abflüsse in dieser Woche nach Rekordwoche an Krypto-Fundraising

In der vergangenen Woche verzeichneten digitale Anlageprodukte Nettozuflüsse von über 3 Milliarden US-Dollar, während die Handelsvolumina neue Allzeithochs erreichten. Das wöchentliche ETP-Volumen überstieg erstmals 53 Milliarden US-Dollar. Der Grossteil der Zuflüsse entfiel auf Bitcoin mit 2,67 Milliarden US-Dollar, gefolgt von Ethereum-Produkten mit 338 Millionen US-Dollar, Solana mit 93 Millionen US-Dollar und XRP mit 61 Millionen US-Dollar. 

Die Aussagen von Präsident Trump zu China und die Ankündigung zusätzlicher Zölle von 100 Prozent erfolgten am Freitagabend nach Handelsschluss und dürften der Hauptgrund für die Abflüsse zu Wochenbeginn gewesen sein: Am Montag wurden bei den Bitcoin-Spot-ETFs Nettoabflüsse von 320 Millionen US-Dollar und bei den Ethereum-Spot-ETFs von 430 Millionen US-Dollar verzeichnet. Insgesamt verzeichneten die Bitcoin-Spot-ETFs im bisherigen Wochenverlauf rund 800 Millionen US-Dollar an Nettoabflüssen, während bei Ether rund 300 Millionen US-Dollar abflossen. 

Neben den Rekordvolumina an den Märkten wurde in der vergangenen Woche auch im Krypto-Fundraising ein neuer Höchstwert erreicht. Zwischen dem 6. und 12. Oktober flossen rund 3,5 Milliarden US-Dollar in Finanzierungsrunden. Die aktivsten Investoren in diesem Zeitraum waren Pantera Capital mit vier Deals, gefolgt von Coinbase Ventures und VanEck mit je zwei sowie Jump Capital, Andreessen Horowitz, Galaxy und Delphi Ventures mit jeweils einer Runde. Andreessen Horowitz führte gemeinsam mit Sequoia Capital die Series-D-Finanzierungsrunde für Kalshi, welche das Unternehmen mit 5 Milliarden US-Dollar bewertete, unmittelbar nach der Partnerschaftsankündigung von Polymarket mit der Intercontinental Exchange (ICE) in der Vorwoche.

Quelle: Cryptorank 

In seinem Aktionärsbrief für das dritte Quartal erklärte BlackRock-CEO Larry Fink, dass rund die Hälfte der Nachfrage nach BlackRocks Bitcoin-ETF von Privatanlegern stammt, und drei Viertel dieser Investoren zuvor noch nie ein iShares-Produkt besessen hatten. Dies ist bemerkenswert, da ETF-Zuflüsse bisher von vielen Beobachtern vor allem als Indikator institutioneller Adoption interpretiert wurden. Da BlackRocks IBIT derzeit den Grossteil der neuen Zuflüsse in die Spot-ETFs anzieht, zeigt diese Datenlage, dass etwa die Hälfte des Kapitals aus dem Retail-Segment stammt. 

Auch auf staatlicher Ebene gab es Neuigkeiten zur Bitcoin-Adoption: Der Abgeordnete Webster Barnaby brachte im US-Bundesstaat Florida die House Bill 183 ein, den ersten Entwurf einer Strategic Bitcoin Reserve im Rahmen der Legislaturperiode 2026. Der Gesetzentwurf würde es staatlichen und lokalen Behörden in Florida erlauben, bis zu 10 Prozent öffentlicher Mittel in Bitcoin und andere digitale Vermögenswerte zu investieren. 

Marktstimmung: Extreme Angst an Krypto- und Aktienmärkten

Die Marktstimmung hat sich seit letztem Freitag deutlich verschlechtert. Sowohl die Krypto- als auch die Aktienmärkte befinden sich aktuell im Bereich «extreme Angst», nachdem es innerhalb kurzer Zeit zu starken Rückgängen kam. Beide Fear-&-Greed-Indizes sind auf ihre tiefsten Werte seit April gefallen, eine Zeit, in der der S&P 500 rund 20 Prozent tiefer notierte als heute und Bitcoin unter 90’000 US-Dollar lag. 

Nach der in der Vorwoche klar optimistischen Tendenz schlug die Stimmung unter den Mitgliedern der AAII diese Woche ins Gegenteil um: Der Anteil der Bären stieg von 35 auf 46 Prozent, während der Anteil der Bullen von 46 auf 33 Prozent fiel. Bemerkenswert ist zudem, dass 55 Prozent der Befragten der Ansicht sind, Aktien seien derzeit überbewertet. 

Weitere relevante Nachrichten
  • Eric Trump gab bekannt, dass er mit World Liberty Financial an einem Immobilien-Tokenisierungsprojekt arbeitet, das möglicherweise den Stablecoin USD1 des Unternehmens nutzen wird. – Link
  • Bridge, die Stablecoin-Tochter von Stripe, hat bei der OCC einen Antrag auf eine nationale Trust-Banklizenz gestellt und schliesst sich damit vier weiteren Bewerbern an, die eine bundesweite Genehmigung anstreben. – Link
  • US-Präsident Donald Trump und seine Familie sollen im vergangenen Jahr über 1 Milliarde US-Dollar an Vorsteuergewinnen aus Krypto-Geschäften erzielt haben. – Link
  • Fed-Präsident Jerome Powell erklärte, dass die Bilanzreduktion der US-Notenbank in den kommenden Monaten enden könnte. – Link
  • Die CME Group hat neue Optionsprodukte für Solana und XRP eingeführt. – Link
Ein Ausblick: Was nun?

Es bleibt abzuwarten, ob in den kommenden Tagen und Wochen noch einige «Leichen ans Licht kommen», also weitere Folgen des Liquidationsereignisses vom vergangenen Freitag sichtbar werden. Schon nach dem Luna-Crash im Jahr 2022 dauerte es einige Zeit, bis erste Insolvenzen öffentlich bekannt wurden. Es ist gut möglich, dass kleinere oder mittelgrosse Institutionen stark getroffen wurden und nun gezwungen sind, ihre verbliebenen Bestände zu liquidieren, um Liquidität zu schaffen. Wie weitreichend die Schäden tatsächlich sind, wird sich erst zeigen. 

Nachdem ein grosser Teil des Leverage aus dem System gespült wurde, die Marktstimmung sich im Bereich extremer Angst befindet und zahlreiche Kryptoanlagen mehr als 50 Prozent verloren haben, könnten mutige Marktteilnehmer beginnen, über Einstiege nachzudenken – frei nach dem Motto «buy when there is blood in the streets». 

Gold setzt seinen Aufwärtstrend fort und erreichte auch in dieser Woche neue Allzeithochs. Wie bereits letzte Woche erwähnt, folgt Bitcoin dem Goldtrend meist mit einer zeitlichen Verzögerung von einigen Wochen. Es besteht daher weiterhin Hoffnung, dass Bitcoin und der breitere Kryptomarkt im vierten Quartal des Jahres wieder an Stärke gewinnen könnten. 

Die Saisonalität spricht klar für ein bullisches Jahresende. Powells jüngste Äusserungen über ein wahrscheinliches Ende des Quantitative Tightening sowie die Markterwartungen weiterer Zinssenkungen in den Jahren 2025 und 2026 schaffen ein makroökonomisches Umfeld, in dem Kryptoanlagen historisch betrachtet gut performt haben. 

Auch wenn es momentan schwerfällt, Licht am Ende des Tunnels zu sehen und die Nachfrage nach Altcoins in den kommenden Wochen wohl verhalten bleibt, zeigt sich aus einer längerfristigen Perspektive ein positiveres Bild: Der Kryptomarkt scheint strukturell gut positioniert, um vom aktuellen Umfeld zu profitieren. 

Nachfolgend finden Sie einige der wichtigsten Datenveröffentlichungen, auf die Sie nächste Woche achten sollten. 

Sonntag, 19. Oktober 2025 

China – Bruttoinlandprodukt (BIP) 

Japan – Pressekonferenz der Bank of Japan 

Dienstag, 21. Oktober 2025 

Eurozone – Rede von EZB-Präsidentin Lagarde 

Mittwoch, 22. Oktober 2025 

Eurozone – Rede von EZB-Präsidentin Lagarde 

Donnerstag, 23. Oktober 2025 

USA – Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe 

Japan – Verbraucherpreisindex (CPI), Kern-CPI 

Freitag, 24. Oktober 2025 

USA – Verbraucherpreisindex (CPI), Kern-CPI 

USA – Verkäufe neuer Häuser

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